Landau Peace Lectures: Gewalt(freiheit) und Wissen(schaft)
Landau Peace Lectures: Gewalt(freiheit) und Wissen(schaft) - Herausforderungen für friedenspolitische Wissens- und Bildungsarbeit in der kolonialen Moderne
Gewalt(freiheit) und Wissen(schaft)
Herausforderungen für friedenspolitische Wissens- und Bildungsarbeit in der kolonialen Moderne
28. November 2018, 18:00h
Katharinenkapelle, Landau
Kaufhausgasse, beim Frank-Loebschen-Haus
Dem Wissenschafts- und Bildungsbegriff liegen, in liberalen ebenso wie in kritischen Traditionen, durchwegs positive Zuschreibungen der Moderne und ihrem Fortschritts-, Entwicklungs-, Befriedungs- und Demokratisierungsparadigma zugrunde. So wird Bildung und Wissen(schaft) das Potenzial zur Überwindung von Ungleichheits- und Gewaltverhältnissen auf lokaler wie auch auf globaler Ebene zugeschrieben. Doch sie dienen bis heute auch als privilegierte Mittel zur Durchsetzung kolonialer und imperialer Interessen und damit der Aufrechterhaltung dieser Verhältnisse – ohne selbst als gewaltförmig in Erscheinung zu treten.
Ausgehend vom dekolonialen Konzept der „Kolonialität von Macht, Wissen und Sein“, das die gewaltförmige Kehrseite der Moderne mit ihrem Fortschritts-, Entwicklungs-, Befriedungs- und Demokratisierungsparadigma in den Blick nimmt, führt der Vortrag den Begriff der „epistemischen Gewalt“ ein. Dieser bezeichnet jene Gewaltförmigkeit, die hegemonialem Wissens innewohnt, das Ordnungen mit hervorbringt und absichert und dabei selbst unsichtbar bleibt. Auch die für Fragen von Gewalt, Macht und Herrschaft besonders sensibilisierte Friedensforschung kann sich dieser Kolonialität nicht entziehen und hat noch kein substanzielles Verständnis für ihre eigene Verstrickung auch in epistemische Gewalt. Sie problematisiert zwar nicht nur direkte, sondern auch strukturelle und kulturelle Gewalt, sieht sich selbst jedoch als Teil der Lösung und nicht des Problems.
Vor diesem Hintergrund werden exemplarisch zwei Felder der Friedensbildung im Spannungsfeld zwischen ihrer Verwobenheit mit epistemischer Gewalt und ihrer Utopie der Gewaltfreiheit diskutiert: Menschenrechtsbildung und die UNO-Dekade der Kultur des Friedens.
Claudia Brunner ist Assistenzprofessorin am Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Zuvor war sie DFG-Stipendiatin sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin. In Wien und Paris hat sie Politikwissenschaft, Zeitgeschichte und Geschlechterforschung studiert. An der Schnittstelle von Politischer Theorie, Kritischer Friedensforschung und Wissenssoziologie beschäftigt sie sich mit Zusammenhängen zwischen Wissen(schaft) und unterschiedlichen Formen von Gewalt.
Die LANDAU PEACE LECTURES sind eine Veranstaltungsreihe der Friedensakademie RLP. In Vorlesungen stellen wissenschaftliche ExpertInnen sowie PraktikerInnen aktuelle und spannende Themen der Friedens- und Konfliktforschung der interessierten Öffentlichkeit vor.