Forschungspraktikum E-Government
Konstituierende Sitzung: tba
Zielgruppe: Master Informationsmanagement (IM), Master Wirtschaftsinformatik (WI), Master Informatik, Diplom Informatik
Anmeldung: Sie können sich auch nach der KLIPS-Anmeldefrist noch zum Forschungspraktikum melden. Schreiben Sie hierfür eine E-Mail an Sabrina Scherer.
Im Rahmen des Forschungspraktikums sollen Referenzprozesse für E-Partizipation identifiziert und modelliert werden. Zunächst sollen hierzu Vorgehensweisen bei der Umsetzung von elektronischen Beteiligungsprozessen analysiert werden. Dies erfolgt auf Grundlage eines Evaluierungsrahmenwerks, das ebenfalls im Rahmen des Forschungspraktikums zu entwickeln ist. Es folgt die Identifikation und Modellierung von Referenzprozessen.
Neben den inhaltlichen Aufgaben werden Kompetenzen im Projektmanagement sowie in Soft Skills wie Kommunikation und Präsentation vermittelt, dh. das Projektteam wird sich selbständig organisieren, einen Projektplan pflegen, Meetings organisieren, etc.

AUFGABENSTELLUNG
Im Rahmen des Forschungspraktikums sollen folgende Ziele erfüllt werden:
- Analyse von Vorgehen bei der Durchführung von E-Partizipationsaktivitäten (z.B. Bürgerhaushalt, Konsultationen, Petitionen) basierend auf einem zu entwickelnden Evaluationsrahmenwerks
- Festlegung einer geeigneten Prozessmodellierungssprache (z.B. EPK, BPMN, UML Aktivitätsdiagramme) um diese E-Partizipations-Prozesse darstellen zu können.
- Modellierung der E-Partizipationsprozesse
- Identifikation und Modellierung von Referenzprozessen für E-Partizipation
- Projektdokumentation
ORGANISATORISCHES
- Vorbesprechung und konstituierende Sitzung geplant für Ende Februar/Anfang März
- Projektbesprechungen alle zwei Wochen
E-Partizipation
E-Partizipation wird allgemein als Forschungs- und Anwendungsgebiet mit Fokus auf den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zur stärkeren Bürgerbeteiligung in demokratiepolitischen Themenstellungen bezeichnet. Mit E-Partizipation kann die politische Partizipation (Beteiligung) von Bürgern, Politikern und anderen Interessensvertretern in demokratischen Entscheidungsprozessen ausgeweitet und vertieft werden [Mac06]. Damit sind nicht nur bürgerbezogene „top-down“ Regierungsinitiativen angesprochen, sondern auch „bottom-up“ Initiativen von Bürgern und verschiedenen Interessengruppen. In der Forschung wird E-Partizipation als multidisziplinäres Gebiet angesehen [MC04, MCS09, WSS07], das durch Dimensionen wie a) verschiedene An-wendungsbereiche der Bürgerbeteiligung, b) involvierte Akteure, c) unterschiedliche Dialogebenen und d) verschiedene Phasen im Policy-Life-Cycle charakterisiert wird [Mac04, WSS07]. Als Folge sind Forscher häufig mit einer starken Fragmentierung des Forschungsgebietes konfrontiert.
Eine merkliche Verbreitung der elektronischen Bürgerbeteiligung ist trotz vermehrter nationaler und europäischer Anstrengungen in den letzten Jahren nicht festzustellen (vgl. z.B. [AKK+08]). Viele E-Partizipationsprojekte scheitern oder erreichen die gesetzten Ziele nicht. Beispielsweise wird in einer Studie aus dem Jahr 2008 an deutschen E-Partizipationsangeboten kritisiert, dass die Möglichkeiten von E-Partizipation noch nicht ausreichend genutzt werden und zu wenig Interaktion zwischen den Beteiligten stattfindet [AKK+08]. Informationsangebote haben nach der Studie oft einen hohen Standard, wogegen aktive Beteiligungsmöglichkeiten schwer zu finden oder nur begrenzt vorhanden sind. Außerdem wird eine konzeptionelle Einbindung in die politischen Prozesse vermisst: „Den Teilnehmern wird nicht klar, welchem Zweck die Diskussion dient, wer Adressat der Beiträge ist und in welcher Form die Ergebnisse im politischen Prozess weiterverarbeitet werden“ ([AKK+08], S. 47). Die Ursachen liegen häufig schon bei der Planung solcher Initiativen. Für die erfolgreiche Einführung von E-Partizipation ist zumeist nicht nur die Anpassung gegebener, sondern die Entwicklung neuer Arbeitsprozesse notwendig, wenn bisher keine Beteiligungsmöglichkeiten vorgesehen waren. Diese organisatorischen Herausforderungen müssen auch bei der technischen Planung und Umsetzung von E-Partizipation berücksichtigt werden. Dabei müssen die möglichen Auswirkungen von E-Partizipation auf Politik und Demokratie bedacht werden. Beispielsweise kann E-Partizipation größere Politikverdrossenheit als zuvor verursachen, wenn die Beiträge der beteiligten Bürger nicht im Policy-Life-Cycle berücksichtigt werden. Demzufolge ist die Durchführung einer E-Partizipationsinitiative eine komplexe Aufgabe, die aus strategischen, organisatorischen, technischen, politischen und sozialen Komponenten besteht. Deshalb ist es erforderlich, dass bei der Initiierung von E-Partizipationsinitiativen auf eine bewährte Methode zurückgegriffen wird, die die zielorientierte und strukturierte Umsetzung des Vorhabens unterstützt und dadurch die Risiken deutlich reduziert. Es bestehen zwar bereits Methoden und Verfahren für E-Partizipation (vgl. [Koo10, KTT08, TLKT07]); diese sind aber nicht umfassend oder allgemeingültig genug und deswegen schwer auf unterschiedliche Initiativen übertragbar. Dementsprechend wird in einer Studie aus dem Jahr 2009, die durch die Europäische Kommission in Auftrag gegeben wurde, die Entwicklung von konkreten Handlungsempfehlungen für E-Partizipation befürwortet [Mil09].
Literatur
[AKK+08] ALBRECHT, Steffen ; KOHLRAUSCH, Niels ; KUBICEK, Herbert ; LIPPA, Barbara ; MÄRKER, Oliver ; TRÉNEL, Matthias ; VORWERK, Volker ; WESTHOLM, Hilmar ; WIEDWALD, Christian: E-Partizipation - Elektronische Beteiligung von Bevölkerung und Wirtschaft am E-Government. Studie im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Ref. IT 1, 1 2008
[Koo10] KOOP, Alexander: Leitfaden Online-Konsultation: Praxisempfehlungen für die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger über das Internet / Bertelsmann Stiftung. Version:2010. http://www.online-konsultation.de/leitfaden. 2010. – Leitfaden
[KTT08] KALAMPOKIS, Evangelos ; TAMBOURIS, Efthimios ; TARABANIS, Konstantinos A.: A Domain Model for eParti-cipation. In: MELLOUK, Abdelhamid (Hrsg.) ; BI, Jun (Hrsg.) ; ORTIZ, Guadalupe (Hrsg.) ; CHIU, Dickson K. W. (Hrsg.) ; POPESCU, Manuela (Hrsg.): ICIW, IEEE Computer Society, 2008. – ISBN 978–0–7695–3163–2, S. 25–30
[Mac04] MACINTOSH, Ann: Characterizing e-participation in policy-making. Version:1 2004. http://doi.ieeecomputersociety.org/10.1109/HICSS.2004.1265300. In: Proceedings of the 37th Annual Hawaii Inter-national Conference on System Sciences, (HICSS-37), Big Island, Hawaii, 5th-8th January [online] Bd. 5. Los Alamitos, CA, USA : IEEE Computer Society, 1 2004. – DOI http://doi.ieeecomputersociety.org/10.1109/HICSS.2004.1265300, 50117a
[Mac06] MACINTOSH, Ann: eParticipation in Policy-making: the Research and the Challenges. In: CUNNINGHAM, Paul (Hrsg.) ; CUNNINGHAM, Miriam (Hrsg.): Exploiting the Knowledge Economy: Issues, Applications, Case Studies. Amsterdam : IOS Press, 2006
[MC04] MACINTOSH, Ann ; COLEMAN, Stephen: Promise and Problems of E-Democracy, Challenges of online citizen engagement / OECD. Version:2004. http://www.oecd.org/dataoecd/9/11/35176328.pdf. 2004. – Forschungsbericht
[MCS09] MACINTOSH, Ann ; COLEMAN, Stephen ; SCHEEBERGER, Agnes: eParticipation: The Research Gap. In: MACIN-TOSH, Ann (Hrsg.) ; TAMBOURIS, Efthimios (Hrsg.): Electronic Participation: First International Conference, ePart 2009, Linz, Austria, September 2009, Proceedings. Berlin, Heidelberg, 8 2009 (LNCS), S. 1–11
[Mil09] MILLARD, Jeremy: eParticipation recommendations - focusing on the European level / Study and supply services on the development of eParticipation in the EU. 2009 (5.1). – Deliverable
[TLKT07] TAMBOURIS, Efthimios ; LIOTAS, Naoum ; KALIVIOTIS, Dimitrios ; TARABANIS, Konstantinos: A framework for scoping eParticipation. In: dg.o ’07: Proceedings of the 8th annual international conference on Digital government research, Digital Government Society of North America, 2007. – ISBN 1–59593–599–1, S. 288–289
[WSS07] WIMMER, Maria A. ; SCHNEIDER, Christian ; SHADDOCK, John: Framework and methodology to turn barriers and challenges of eParticipation into research themes and actions. In: CUNNINGHAM, Paul (Hrsg.) ; CUNNINGHAM, Miriam (Hrsg.): Expanding the Knowledge Society: Issues, Applications, Case Studies, IOS Press: Amsterdam et al., 10 2007, S. 189–196