Corona und Pflege

Allgemein

Gut 3,4 Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, drei Viertel davon werden zu Hause versorgt. Derzeit geht man von etwa 4,8 Millionen pflegenden Angehörigen aus. Von den 4,8 Millionen Pflegenden sind rund 2,5 Millionen erwerbstätig und müssen Pflege und Beruf gleichzeitig schultern. Mehr als 70% der Hauptpflegepersonen sind dabei Frauen, häufig in sogenannten Sandwich-Positionen (Kinderbetreuung und Pflegeverantwortung). Insbesondere aufgrund der Doppelbelastung bedarf es an umfangreichen Unterstützungs- und Informationsangeboten zum Thema "Corona und Pflege". Auf dieser Seite finden Sie erste Informationen zum Überblick. 

Akuthilfen für pflegende Angehörige während Corona verlängert

Corona belastet die Familien von Pflegebedürftigen schwer. Pflegende Angehörige benötigen auch weiterhin flexible Unterstützungsangebote. Daher sollen die Akuthilfen für pflegende Angehörige bis zum 31. März 2021 verlängert werden. Konkrete Vorschläge von Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey im Rahmen der Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz, Federführung BMG) wurden durch das Bundeskabinett beschlossen. Auch das Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege (Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz - GPVG) wurde verabschiedet. 

Flexiblere Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit

Die Möglichkeit der flexibleren Inanspruchnahme von Pflegezeit und Familienpflegezeit soll in den kommenden Monaten Spielräume für berufstätige pflegende Angehörige eröffnen. Sie sollen so leichter die Möglichkeit haben, eine Freistellung in Anspruch zu nehmen, sei es vollständig oder verbunden mit einer Teilzeitbeschäftigung. Geregelt wird auch, dass nach Auslaufen der Sonderregelungen verbliebene Restzeiten bis zu 24 Monate lang nicht verfallen. Da pflegende Angehörige das Pflegesystem in der Pandemie entlasten, benötigen sie Planungssicherheit auch für die Zeit nach der Akutlage.

Beschlossene Maßnahmen für pflegende Angehörige

Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung von bis zu 20 Arbeitstagen pro Akutfall - wenn die akute Pflegesituation aufgrund der COVID-19-Pandemie aufgetreten ist. Auch das Pflegeunterstützungsgeld (Federführung BMG) kann weiterhin für 20 Arbeitstage in Anspruch genommen werden.


Die Flexibilisierungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und im Familien-Pflegezeitgesetz (FPfZG) wie etwa eine kürzere Ankündigungsfrist der Familienpflegezeit, die Möglichkeit der Ankündigung per Email, aber auch die Nichtberücksichtigung von Monaten mit einem aufgrund der Pandemie geringeren Einkommen bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nach dem Familien-Pflegezeitgesetz werden verlängert.


Beschäftigte, die aufgrund der Sonderregelungen zu COVID 19 Freistellungen in Anspruch genommen haben oder nehmen, können verbleibende Monate der Freistellungsansprüche nach dem Familienpflegezeit- und Pflegezeitgesetz nach Auslaufen dieser Regelungen weiterhin in Anspruch nehmen.

 

Berücksichtigung von Einkommenseinbußen bei der Ermittlung der Höhe der zinslosen Darlehen

 

Zur Abfederung von Einkommensausfällen während der Pflegezeit und Familienpflegezeit kann ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Pandemiebedingte Einkommensausfälle können auch weiterhin bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag unberücksichtigt bleiben. Zudem besteht weiterhin die Möglichkeit, pandemiebedingte Rückzahlungsschwierigkeiten auf Antrag anzuzeigen und die Rückzahlung im Verwaltungsverfahren zu erleichtern.

TIPPS UND INFORMATIONEN DES UNABHÄNGIGEN BEIRATES FÜR DIE VEREINBARKEIT VON PFLEGE UND BERUF

Die aktuelle Situation stellt gerade pflegende Angehörige vor große Herausforderungen. Die Mitglieder des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf haben für pflegende Angehörige viele Unterstützungsmöglichkeiten und Tipps zusammengetragen, die selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Wir versuchen diese ständig zu aktualisieren und zu erweitern. Und wir möchten Ihnen damit auch zeigen – Sie sind nicht allein!  Und wir würden uns sehr freuen, wenn Sie Ihre Erfahrungen und Sorgen mit uns teilen. Schicken Sie einfach eine Email an frauenb@uni-koblenz.de – selbstverständlich auch anonym, wenn Sie das wünschen. Damit geben Sie uns die Möglichkeit aus dieser Situation zu lernen. Wir bedanken uns schon im Voraus dafür.

Für Berufstätige: reden Sie mit Ihrem Arbeitgeber – und suchen Sie gemeinsam nach Lösungen

Das können Sie tun:

Das wichtigste: Sprechen Sie mit Ihren Arbeitgeber:innen. Vielleicht finden Sie eine Lösung: Überstunden-Abbau, Home-Office oder flexiblere Arbeitszeiten sind nur einige Möglichkeiten.

Rufen Sie bei Pflegediensten oder Tagespflegeeinrichtungen an, ob es für Angehörige mit bestimmten Berufen eine Notbetreuung für die pflegebedürftige Person gibt.

Informationen erhalten Sie auch bei der Pflegekasse oder der privaten Pflegeversicherung des Angehörigen.

Rufen Sie das Pflegetelefon (030 20179131) an. Auch anonym, wenn Sie möchten. Sie erreichen das Pflegetelefon bundesweit von Montag bis Donnerstag zwischen 9.00 und 18.00 Uhr. Gerne auch per E-Mail: info@wege-zur-pflege.de.

Für alle Angehörigen: Reden Sie über die Belastung und holen Sie sich Hilfe!

Die Belastung von pflegenden Angehörigen, vor allem wenn sie auch noch arbeiten müssen, steigt in diesen Zeiten noch stärker an. Gespräche mit anderen Betroffenen können ihnen helfen. Daher unser Rat: holen Sie sich Hilfe, wo Sie nur können. In Zeiten von Corona trifft man auf eine größere Solidarität und viel mehr Hilfe als man denkt. Und wenn die Leitungen besetzt sind: sprechen Sie auf die Anrufbeantworter oder schreiben Sie eine Mail. Hier ein paar Möglichkeiten.

Wenn Sie Leistungen oder einen Pflegegrad beantragen wollen

Die Pflegebedürftigkeit kann jederzeit einsetzen. Aber gerade jetzt kann es schwierig werden die richtigen Ansprechpersonen vor Ort zu finden. Das wichtigste: Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung. Nutzen Sie diesen und suchen Sie sich Hilfe.

Versuchen Sie das Infektionsrisiko zu senken

Das Wichtigste: Wenn Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen sich krank fühlen, sollten Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 anrufen! Pflegebedürftige sind besonders durch das neuartige Virus gefährdet. Versuchen sich darauf zu achten. Hier gibt es Tipps zur Hygiene.

Denken Sie frühzeitig an Entlastungen

Einen anderen Menschen zu Pflegen kostet mitunter viel Kraft. Viele Angehörige reduzieren die Kontakte/Unterstützung durch weitere Personen, um ihre Angehörigen so gut es geht vor dem Corona-Virus zu schützen. Muten Sie sich jedoch nicht zu viel zu. Reduzieren Sie arbeiten, wo es nur geht. Auch wenn das manchmal nur schwer machbar ist.  Hier finden Sie eine Übersicht von Entlastungsmöglichkeiten

Tun Sie etwas für sich selbst - das ist sehr wichtig!

Auch wenn Sie gerade jetzt wenig Zeit haben  – denken Sie auch an sich und planen Sie ab und an etwas Schönes – und haben Sie dabei kein schlechtes Gewissen. Das gibt Ihnen vielleicht wieder etwas Kraft. Genießen Sie eine kurze Pause in der Sonne, telefonieren Sie mit Freunden und Verwandten, machen Sie ein paar Sport- oder Entspannungsübungen.

Und Familien, Bekannte, Freunde usw. können den Angehörigen und Pflegebedürftigen eine Freude bereiten. Schreiben Sie doch mal wieder Postkarten, schicken Sie Fotos oder Briefe, Blumen, Zeitschriften zum Ablenken usw. Machen Sie kleine Videos und rufen Sie an. Fragen Sie auch, wie Sie ggf. unterstützen können oder was gerade Freude oder Entlastung bringen könnte. Werden Sie kreativ und unterstützen Sie sich gegenseitig.